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Kleinlibellen © Alberto Ghizzi Panizza

Neue Sonderausstellung rund um die faszinierende Welt der Insekten

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Schillernde Libellen, stachlige Stabschrecken, springende Käfer: Insekten. Sie sind weltweit die artenreichste Tiergruppe und „Erfolgsmodell der Evolution“. Sie halten erstaunliche Rekorde und beeindrucken durch ihr Verhalten sowie besondere Sinnesleistungen und Anpassungen, die es ihnen ermöglichen, nahezu alle Lebensräume der Erde zu bewohnen. Insekten sind aber nicht nur vielfältig, faszinierend und bezaubernd ­– die Sechsbeiner sind unverzichtbar in den Netzwerken der Natur. Obwohl Insekten ökologisch und ökonomisch auch für die Menschen enorm viel leisten, sind sie durch diese bedroht. Die neue Sonderausstellung im Lübecker Museum für Natur und Umwelt „Facettenreiche Insekten. Vielfalt – Gefährdung – Schutz“ möchte für Insekten begeistern und ihren wunderbaren Artenreichtum und ihre fragile Schönheit zeigen. Darüber hinaus werden die komplexen Gründe für die laufenden Verluste an der Vielfalt und Fülle der Insekten verdeutlicht. Schließlich wird den Fragen nachgegangen, was der Rückgang der Insekten für Folgen für die Lebensgemeinschaften hat und wie die unverzichtbaren Tiere besser geschützt werden können. Die Schau ist in Lübeck vom 13. August 2022 bis 19. Februar 2023 zu sehen.

Prof. Dr. Hans Wißkirchen, Leitender Direktor der LÜBECKER MUSEEN, betont: „Die Ausstellung ist sehr ideenreich gestaltet und damit ein hervorragendes Instrument der Umweltbildung für die breite Öffentlichkeit und Publikum aller Altersgruppen. Das ist der Weg, den wir auch künftig mit unserem geplanten Umweltbildungszentrum einschlagen werden.“ Dr. Susanne Füting, Leiterin des Museums für Natur und Umwelt, merkt an: „Die Schau zeigt, wie großartig Insekten sind und öffnet ganz neue Blicke auf sie. Schnell merkt man, dass auch Fliegen, Wespen oder Mücken, von denen wir manchmal nicht so angetan sind, eine wichtige Rolle in den Ökosystemen haben.“

Inhalte der Ausstellung
Die Wanderausstellung „Facettenreiche Insekten. Vielfalt – Gefährdung – Schutz“ greift Vorurteile auf und nimmt alle Altersgruppen mit auf eine Entdeckungsreise in die Welt dieser faszinierenden Tiergruppe. Spielstationen, ein überlebensgroßes Insektenmodell einer Mauerbiene sowie vertiefende Medienstationen mit Videos und Grafiken präsentieren die vielschichtige Thematik und neueste wissenschaftliche Erkenntnisse anschaulich, abwechslungsreich und überraschend. Viele Stationen der Ausstellung sind interaktiv und laden zum Entdecken, kreativen Gestalten, Zuhören und Nachdenken über das eigene Verhältnis zu Insekten und das eigene Handeln im Alltag ein. Die Ausstellung ist in deutscher und englischer Sprache konzipiert.

Vielfalt
Über eine Million verschiedener Insektenarten sind wissenschaftlich beschrieben und bekannt, die größte Anzahl davon lebt in den Tropen. Vermutlich gibt es darüber hinaus geschätzt noch mehrere Millionen weiterer noch unbekannter Arten. Damit sind die Insekten die vielfältigste Tiergruppe auf der Erde. Daher widmet sich ein Ausstellungbereich der Vielfalt der Insekten. Dort sind zahlreiche Originalpräparate aus Museumssammlungen und Abbildungen zu sehen, die die Fülle der verschiedenen Erscheinungsbilder zeigen: Blauschillernd oder rot getüpfelt, kugelrund oder langestreckt – den Farben und Formen der Insekten scheinen keine Grenzen gesetzt. Doch ist der grundlegende Bauplan aller Insekten gleich: An einer Medienstation können, auf der Basis des Grundbauplans Kopf, Brust und Hinterleib und durch Neukombination der Körperteile, witzige Fantasieinsekten gestaltet werden. Zudem wird auf die Sinnesorgane der Tiere eingegangen. Wie und was sie sehen, wie sie riechen und womit sie schmecken (vielfach mit anderen Köperteilen als Wirbeltiere) ist ebenso Thema wie die Fülle an Geräuschen, die sie mit unterschiedlichsten Körperteilen zur Verteidigung vor Räubern oder zum Anlocken von Partnern erzeugen. Ihr Zirpen, Pfeifen und Singen ist an einer Hörstation zu erleben. Die Besucher:innen können an einer weiteren Station selbst die Produktion der Insektenlaute nachvollziehen.
Insekten sind auch an extreme Lebensräume wie Gletscher, Wüsten, heiße oder salzige Quellen, tiefe Seen oder dunkle Höhlen angepasst.  Dabei werden so einige Rekorde aufgestellt, die in der Ausstellung vorgestellt werden – welches sind die kleinsten, die längsten, die schnellsten, schwersten oder härtesten Insekten, welche legen die weitesten Wege zurück und welche Insekten feuern ein ätzendes Gasgemisch ab, um ihre Feinde damit in die Flucht zu schlagen? Die Antworten darauf können große und kleine Besucher:innen in einem Quiz herausfinden. Gleichzeitig wird aufgezeigt, welch tragende Rolle die Insekten im Netzwerk Natur spielen. Sie sind daher auch essenziell für die Menschen.

Gefährdung
Mehr als 75 Prozent der Masse aller Fluginsekten sind aus einigen Regionen Deutschlands verschwunden. Diese Nachricht ging 2017 um die Welt und basiert auf einer Studie des Entomologischen Vereins Krefeld. 27 Jahren lang untersuchten die Vereinsmitglieder die Biomasse der Fluginsekten, also deren gesamte Masse, in Naturschutzgebieten.
Obwohl das Wohlergehen der Menschheit wesentlich von dem der Insekten abhängt, sind in weiten Regionen Deutschlands viele Arten ausgestorben und auch große Teile der Biomasse an Insekten früherer Jahrzehnte nachweislich verschwunden. Dieser alarmierende Negativtrend ist ebenfalls global festzustellen. Gründe sind in den menschlichen Aktivitäten zu suchen. Wo genau die Ursachen für den dramatischen Rückgang an Biodiversität liegen, wird im Ausstellungsbereich zur Gefährdung vorgestellt. Mit anschaulichen Beispielen wird dort illustriert, welche entscheidende Rolle der Mensch beim Verlust der Lebensräume für Insekten spielt. Zudem werden die Auswirkungen des Klimawandels thematisiert.
Um die Veränderungen in den Insektenbeständen im Norden Deutschlands zu belegen, haben die Mitarbeitenden des Museumsverbunds der Nord- und Ostsee Region NORe e. V. Daten aus ihren wissenschaftlichen Insektensammlungen und der Literatur ausgewertet und den Fokus dabei vor allem auf die Situation in Norddeutschland gelegt. Wieso werden zwei Schwimmkäferarten von Forschenden aus Rostock im Norden als vermisst gemeldet und wie ist es um die Laufkäfer in den norddeutschen Mooren bestellt? Rückgang und Bestandstrends der hier verbreiteten Arten werden sammlungsbasiert in Forschungsprojekten analysiert, aufgezeigt und nachvollzogen. Auch aus dem Lübecker Museum für Natur und Umwelt sind Bestandserfassungen und Sammlungsdaten eingeflossen: Das Vorkommen u.a. von Wildbienenarten wurde in verschiedenen Arealen auf dem Stadtgebiet erfasst und verglichen, darunter auch das Artenspektrum im Bienengarten vor dem Museum, im Schulgarten und auf Sandtrockenrasen im Stadtteil Eichholz.

Schutz
Dies leitet zum dritten Themenbereich der Ausstellung, dem Schutz der Insekten über. Der Bienengarten und die Wiese des Lübecker Museums für Natur und Umwelt sind ein schönes, anschauliches Beispiel dafür, wie man mit wenig Aufwand auch in der Stadt Angebote für Insekten machen kann: Schon in den ersten fünf Jahren nach der Neueinrichtung des Bienengartens vor dem Haus mit vielfältigem Pflanzenangebot und Nisthilfen konnten bei Untersuchungen des Vorkommens von Stechimmen zahlreiche Wildbienen-, Wespen- und Ameisenarten sowie die Honigbiene nachgewiesen werden. Doch auch im eigenen Garten und auf dem Balkon können mit Nisthilfen und Wildblumen Lebensräume für Insekten geschaffen werden. In der Ausstellung werden verschiedene geeignete Maßnahmen vorgestellt, die die Besucher: innen ermutigen sollen, sich aktiv an verschiedenen Schutzmaßnahmen von Insekten zu beteiligen.

Ausstellung des Projekts „ProInsekt“
Bei der Schau „Facettenreiche Insekten“ handelt es sich um eine Wanderausstellung, die bis 2024 in den Häusern des Museumsverbunds der Nord- und Ostsee Region e.V. (NORe) gezeigt wird. Den Anfang machten Hamburg und Braunschweig. Es folgen Lübeck und Bremen. Die Ausstellung wurde im Projekt „ProInsekt“ entwickelt und vom Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesumweltministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert. Die Präsentation in Lübeck wird zudem von der Possehl-Stiftung unterstützt.

Begleitbuch
Das Buch „Facettenreiche Insekten. Vielfalt, Gefährdung, Schutz“ ist im Haupt Verlag 2022 erschienen. Es dient als vertiefendes Begleitbuch zur Wanderausstellung. Renommierte Wissenschaftler:innen sowie am Insektenschutz Beteiligte haben eng zusammengearbeitet und Aktuelles zur Thematik beigetragen. Es ist für 25 Euro im Museumsshop zu erwerben.

Ausstellungseröffnung
Am Freitag, 12. August, wird die Wanderausstellung „Facettenreiche Insekten. Vielfalt – Gefährdung – Schutz“ um 18 Uhr im Lübecker Museum für Natur und Umwelt feierlich eröffnet. Nach einem Grußwort durch den Leitenden Direktor der LÜBECKER MUSEEN Prof. Dr. Hans Wißkirchen und einem Beitrag der Leiterin des Museums für Natur und Umwelt Dr. Susanne Füting, geben Anne Merker und Dr. Lioba Thaut vom Museum der Natur Hamburg und dem Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels Hamburg eine Einführung in die Ausstellung. Musikalisch begleitet wird die Veranstaltung von einem Geigerduo bestehend aus Stella Marie Bamberg und David Baban, beide Studierende der Musikhochschule Lübeck. Zu hören sind „Die Biene“ von Franz Schubert sowie der dritte Satz aus Vivaldis „Sommer“.
Die Teilnahme an der Eröffnung beträgt 6 Euro, ermäßigt 3 Euro. Die Eintrittskarte berechtigt auch zum Besuch des gesamten Hauses an einem anderen Tag. Eine Anmeldung ist erforderlich unter Telefon 0451-122 4122. 

Begleitprogramm
Begleitend zur Ausstellung ist ein vielfältiges Programm vorgesehen. So gibt es beispielsweise vom 23. bis 25. August im Domhof des Museums jeweils um 21 Uhr unter dem Titel „Miniaturen#2 | Unbekannte Arten“ eine von der Welt der Insekten inspirierte Tanzperformance von „TanzOrtNord“. Diese ist darüber hinaus auch in der 20. Lübecker Museumsnacht am 27. August zu sehen. Familienangebote, Ferienworkshops und weitere Programmpunkte sind in Vorbereitung. Führungen und museumspädagogische Programme rund um die Ausstellung und auch zu anderen Themen können von Gruppen telefonisch unter 0451-122 2296 vereinbart werden. Rallyes zur Ausstellung sind am Infostand erhältlich.

Weitere Informationen

https://museum-fuer-natur-und-umwelt.de/ sowie unter https://www.proinsekt.de/

https://www.bfn.de/insektenrueckgang

https://www.bfn.de/pressemitteilungen/neue-rote-liste-mehr-als-ein-viertel-der-insekten-arten-bestandsgefaehrdet