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Ahu Tongariki, Osterinsel © Andreas Mieth

Das „Ende der Welt“: Neue Ausstellung nimmt Feuerland und Osterinsel in den Blick

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„Hoffnung am Ende der Welt. Von Feuerland zur Osterinsel“ lautet der Titel der neuen Sonderausstellung der Lübecker Völkerkundesammlung mit dem Lübecker Museum für Natur und Umwelt. Von Samstag, 1. April bis Sonntag, 3. September, gibt es im Museum an der Musterbahn Spannendes und Wissenswertes rund um das „Ende der Welt“ zu entdecken: Die Schau kombiniert hochwertiges Fotomaterial mit historischen Exponaten und modernen Kunstwerken der indigenen Gemeinschaften der heute zu Chile und Argentinien zählenden Osterinsel und Feuerland. Anders als vielfach behauptet sind diese Kulturen niemals ausgestorben, sondern konnten sich stets selbst an dramatische ökologische und historische Bedingungen anpassen, was als Zeichen der Hoffnung in der heutigen, nicht minder von dramatischen klimatischen und politischen Veränderungen geprägten Zeit dienen kann. Die Ausstellung ist zweisprachig in Deutsch und Spanisch konzipiert und entstand in Kooperation mit den indigenen Gemeinschaften der Yagan und Selk’nam. Darüber hinaus wird sie von Dr. Andreas Mieth, dem weltweit führenden Ökosystemforscher für die Osterinsel, von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel begleitet.

Die Osterinsel (von den Einheimischen Rapa Nui genannt) ist nicht nur der entlegenste Ort der Welt, sondern auch für ihre kolossalen Steinstatuen – die Moai – bekannt. Diese weltweit einzigartigen Figuren haben Generationen von Forschenden fasziniert, boten aber auch Anlass für allerlei pseudowissenschaftliche Spekulationen, Verschwörungstheorien und andere Fake News. So wird die Kultur der Rapanui immer wieder als mahnendes Beispiel für eine Gesellschaft zitiert, die sich durch ihren Raubbau an der Natur selbst zerstört habe. Tatsächlich ist die Geschichte der Insel neueren Forschungen zufolge ganz im Gegenteil geprägt von einer bemerkenswerten Anpassung der indigenen Bevölkerung, etwa durch eine neue Form der Landnutzung. Eine ernsthafte Bedrohung bedeutete erst die Ausbeutung der Inselnatur und die Versklavung der Menschen durch den Kolonialismus. Doch allen Hindernissen zum Trotz konnte die zeitweise nur noch 110 Menschen umfassende Gemeinschaft der Rapanui bis heute überleben und feiert nun eine neue Blüte ihrer Kultur. 

Dramatischer war das Schicksal der Indigenen Patagoniens und Feuerlands, die als Jäger und Seenomaden eine naturnahe und basisdemokratische Lebensweise pflegten. Durch den Zusammenstoß mit europäischen Goldsuchern und Schafzüchtern, die sich Ende des 19. Jahrhunderts in der Region niederließen, wurden sie Opfer eines regelrechten Völkermordes und ihre Kulturen nahezu ausgelöscht. Als südlichste und vermeintlich primitivste Menschen auf Erden erregten die Indigenen aber auch das Interesse der Forschung, so dass zahlreiche Objekte und auch Gebeine in europäische Museen gelangten. Um über einen angemessenen zukünftigen Umgang mit diesen Beständen mit den Nachfahren zu sprechen, ist der Leiter der Lübecker Völkerkundesammlung Dr. Lars Frühsorge 2022 und 2023 nach Chile gereist und hat dieses Ausstellungsprojekt gemeinschaftlich realisiert. Denn nach Jahrzehnten der Existenz im Verborgenen, bekennen sich diese Gemeinschaften heute wieder zu ihren Wurzeln. Sie kämpfen dabei nicht nur um öffentliche Anerkennung, sondern auch für die Bewahrung ihrer natürlichen Umwelt.

In der Ausstellung sind etwa 100 Exponate zu sehen, die zum Teil auch verblüffende Bezüge zur Lübecker Stadtgeschichte aufweisen: So gehören zu den Highlights wertvolle Holzfiguren von der Osterinsel, die dem Museum von zwei Lübeckern geschenkt wurden, die vor 100 Jahren in die Südsee ausgewandert sind. Darunter befindet sich ein Figurenpaar, das vor dem Zweiten Weltkrieg zusammen in Lübeck aufbewahrt wurde und wovon eine Figur in den Wirren nach 1945 nach Hamburg gelangte. In der Schau ist das Pärchen erstmals wieder vereint zu sehen. Andere Exponate stammen von einem Mitglied der bekannten hanseatischen Familie Sartori, das im ausgehenden 19. Jahrhundert die Farm "Nueva Lubecka" verwaltete. Dazu zählt ein bemalter Fellmantel, der vermutlich einem Häuptling der Tehuelche gehörte, der sich auf dem Anwesen aufhielt.

Neben weiteren historischen Exponaten wie Pfeilspitzen, Alltagsgegenständen und Schmuckstücken sind auch moderne Kunstwerke zu sehen, beispielweise Gemälde der zeitgenössischen indigenen Malerin Adriana Mercado aus Santiago de Chile oder ein liebevoll gearbeiteter, von der Natur Feuerlands inspirierter Webteppich der Selk‘nam Künstlerin Marcela Comte. Auch sind Flechtarbeiten der Yagan-Künstlerin Daniela Gallardo zu sehen, die in der Jahrtausendealten Tradition des Korbflechtens ihrer Vorfahren Körbe und Schmuck im modernen Stil anfertigt. 

Leiter der Völkerkundesammlung und Kurator der Ausstellung Dr. Lars Frühsorge betrachtet seine Feuerlandreise als eines der eindrucksvollsten Erlebnisse seiner bisherigen Arbeit: „Die Ausstellung, die ich in enger Zusammenarbeit mit den indigenen Gemeinschaften von der Osterinsel und Feuerland konzipiert habe, kommt meinem Anspruch, mit den Kulturen zu arbeiten statt über sie, näher als je zuvor.“ Dr. Susanne Füting, Leiterin des Museums für Natur und Umwelt, freut sich über die neuerliche Zusammenarbeit bei einer gemeinsamen Ausstellung: „Unser Publikum erwarten neue Blickwinkel und interessante Begegnungen. Es gibt auch eine überraschende Verbindung von Südamerika mit Lübeck in biologischer Hinsicht: eine Schar von Nandus, die im Süden der Stadt lebt.“ Die imposanten Laufvögel sind dort heimisch geworden. Ihr Lebensraum in Südamerika ist die Pampa – das weite Grasland – beispielweise von Chile und Argentinien. Den norddeutschen Nandus ist eine eigene Ausstellungsstation gewidmet.

Die Ausstellung wurde von der Possehl-Stiftung, der Gemeinnützigen Sparkassenstiftung zu Lübeck, der Kulturstiftung des Landes Schleswig-Holstein sowie der von Keller-Stiftung gefördert.

Vernissage
Die Ausstellung „Hoffnung am Ende der Welt. Von Feuerland zur Osterinsel“ wird am Freitag, 31. März, um 18 Uhr im Museum für Natur und Umwelt eröffnet. Nach einer Begrüßung durch den Leitenden Direktor der LÜBECKER MUSEEN Dr. Tilmann von Stockhausen und der Leiterin des Museums für Natur und Umwelt Dr. Susanne Füting, gibt Kurator Dr. Lars Frühsorge eine Einführung in die Schau. Einen musikalischen Gruß von der Osterinsel sendet die Sängerin Alicia Ika auf digitalem Weg an das Lübecker Publikum.

Die Teilnahme beträgt 6 Euro, ermäßigt 3 Euro, für Kinder 2 Euro. Tickets sind online unter https://vks.die-luebecker-museen.de/veranstaltung-buchen?vid=8554 sowie an der Museumskasse erhältlich.

Begleitprogramm
Begleitend zur Ausstellung ist ein vielfältiges Programm geplant. Dazu gehören neben Führungen in deutscher und spanischer Sprache unter anderem auch eine Spezialführung zur Natur- und Kulturgeschichte der Osterinsel von Dr. Andreas Mieth mit dem Titel „Ein Meer von Steinen und ein vergangenes Palmenparadies“ sowie im Anschluss sein Vortrag „Die Schatzinsel des wahren Robinson Crusoe“, beides am Donnerstag, 11. Mai.

Als weiteres Highlight gilt eine Lesung mit der Lübecker Autorin Charlotte Kerner, die am 4. April aus ihrem Roman „Kopflos“ liest, der unter dem Eindruck ihrer Reise auf die Osterinsel entstand. 

Die genauen Daten sowie weitere Programmpunkte sind unter https://vks.die-luebecker-museen.de/programm?ausstellung=343 und auf https://museum-fuer-natur-und-umwelt.de/programm zu finden.