„Nordwärts / Südwärts.
Begegnungen zwischen dem Polarkreis und Lübeck“
Erste Ausstellung der Lübecker Völkerkundesammlung unter neuer Leitung
Ganz im Zeichen des diesjährigen Mottos „Nachbarn im Norden“ der LÜBECKER MUSEEN steht die erste Ausstellung der Lübecker Völkerkundesammlung unter ihrem neuen Leiter Dr. Lars Frühsorge: „Nordwärts / Südwärts. Begegnungen zwischen dem Polarkreis und Lübeck“ lautet deren Titel und soll den Besucher:innen vom 17. September 2020 bis 3. Januar 2021 in den Räumen des St. Annen-Museums einen vollkommen neuen Blick auf die Länder und Kulturen rund um den Polarkreis vermitteln. Während Lübeck als „Königin der Hanse“ bislang als Zivilisationsbringerin für den Norden galt, soll hier der Fokus erstmals umgekehrt auf den Einfluss des Nordens auf die norddeutsche Lebenswelt gelegt werden. Die althergebrachte Sichtweise auf den Norden aus der Perspektive Lübecks wird aus heutiger Sicht hinterfragt und neu interpretiert.
Anhand zahlreicher lange in der Völkerkundesammlung verborgener Schätze aus Skandina-vien, Sibirien, Grönland, Kanada und Alaska werden alle Facetten der Wahrnehmung der nördlichen Kulturen aufgezeigt. Zu sehen sind traditionelle und moderne Kunst, aber auch Gebrauchsgegenstände wie Musikinstrumente, Kleidung, Jagdwaffen, Haushaltsutensilien und Ritualgegenstände. Einige dieser Stücke zählen zu den ältesten Objekten der LÜBECKER MUSEEN und wurden noch nie ausgestellt. Fotografien bis heute isolierter Weltgegenden, Videos und Hörstationen mit Legenden, Reiseberichten und Musik, aber auch Objekte aus der traditionellen Lebenswelt des Schamanismus sowie geniale Erfindungen der Sami und Inuit erlauben es, tiefer in vergangene Zeiten und fremde Kulturen einzutauchen. Doch auch erste touristische Souvenirs oder Postkarten geben Aufschluss über das Bild, das vom „Leben im Norden“ bis heute vermittelt werden soll.
Zu den Highlights der Ausstellung gehören unter anderem eine indianische Tanzmaske aus Kanada und ein kunstvoll verzierter Hut aus Alaska. Zudem ist eine erst kürzlich wiederentdeckte Schamanentrommel der Sami aus Lappland zu sehen, deren verblasste Zauberzeichen eigens für die Ausstellung mit einem digitalen Verfahren wieder sichtbar gemacht wurden. Weltweit gibt es nur noch eine zweistellige Zahl dieser Trommeln. Als weiterer Schatzfund gilt eine schon länger im Bestand der Lübecker Völkerkundesammlung enthaltene Skulptur, die sich erst in der Vorbereitung auf die Ausstellung als Kunstwerk des weltbekannten Inuit-Bildhauers George Arluuk entpuppte. Arluuk gilt als Pionier der abstrakten Kunst in der Arktis.
Doch auch unbequemen oder politischen Themen soll in der Ausstellung „Nordwärts / Südwärts“ nachgegangen werden. Was machten die Nazis in der Arktis? Welche Rolle spielte Lübeck in Zeiten des Walfangs? Welche Geschichte verbindet sich mit der schwedischen Kirche in der Hafenstraße? Bezüge zu aktuellen Problemen wie dem Klimawandel, dem Kreuzfahrttourismus oder der Erschließung von arktischen Rohstoffen sowie die kontroversen Diskussionen um die Pipeline Nord Stream werden aufgezeigt.
Für Kinder ist eine Sektion mit arktischem Spielzeug vorgesehen, unter anderem mit einem Videospiel einer indigenen Gemeinschaft aus Alaska. Zudem ist die Ausstellung sehr modern konzipiert und wartet mit zahlreichen Audio- und Videostationen auf, wo beispielsweise ein exklusiv für die Ausstellung produziertes Musikvideo von Mari Boine, der international bekanntesten Sängerin der Sami, zu sehen ist.
„Die Ausstellung ist für mich gewissermaßen eine Art Versuchslabor, um neue Themenfelder und Vermittlungsformen auszuprobieren und einen kleinen Ausblick zu geben, wohin sich die Sammlung entwickeln könnte, wenn es zu einer Wiederöffnung kommt.“, so Dr. Lars Frühsorge, der die Völkerkundesammlung nun seit November 2018 leitet. Viele neue wissenschaftliche Erkenntnisse würden in „Nordwärts / Südwärts“ erstmalig in Deutschland präsentiert. „Die Vorbereitungen waren ziemlich spannend, da sich ganz unterschiedliche Institutionen mit ihrem Material und ihrem Wissen an der Ausstellung beteiligt haben, so etwa das Nationalmuseum der Färöer, das dänische Königshaus, die Inuit Art Foundation (Kanada), eine Computerspielschmiede der indigenen Gemeinschaft der Iñupiat aus Alaska aber auch die Firmen Gazprom und Disney. Eine ziemlich einmalige Kombination also. Zudem haben Expert:innen aus Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland, Grönland, Kanada und Alaska an der Entstehung der Ausstellung und dem Katalog mitgewirkt. Unser Austausch erfolgte in Zeiten von Corona komplett digital.“
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog zum Preis von 19,50 Euro.
Begleitet wird die Ausstellung von einem vielfältigen Rahmenprogramm, dessen Aktualität aufgrund der derzeitigen Pandemiesituation allerdings stets kurzfristig auf der Homepage der Völkerkundesammlung bzw. des St. Annen-Museums zu überprüfen ist.
Vernissage
Die Ausstellung wird am Donnerstag, 17. September um 17 Uhr eröffnet. Es sprechen Prof. Dr. Hans Wißkirchen, Leitender Direktor der LÜBECKER Museen sowie Annette Borns, Stiftungsratsvorsitzende der Kulturstiftung Hansestadt Lübeck. Eine Einführung in die Ausstellung gibt Dr. Lars Frühsorge. Akustisch untermalt wird die Vernissage von Charlotte Peters, Kristina Nadj und Charlie Chen. Die Teilnahme beträgt 8 Euro; ermäßigt 4 Euro, für Kinder 2,50 Euro. Aufgrund der durch die aktuellen Sicherheits- und Hygienevorschriften ist die Teilnehmerzahl auf 45 Personen beschränkt, weswegen eine verbindliche Anmeldung vorab unbedingt erforderlich ist unter
elke.krueger@luebeck.de bzw. telefonisch unter 0451-122 4146. Da es den LÜBECKER MUSEEN wichtig ist, trotz dieser Personenbeschränkung niemanden zu benachteiligen, soll es von der Eröffnung eine Video-Aufzeichnung geben, parallel dazu aber auch ein zehnminütiges Video, das wertvolle Hintergrundinformationen und Interviews beinhaltet und somit sogar für die physischen Besucher:innen der Veranstaltung einen Mehrwert bringt. Diese sind nach dem Termin unter vks.die-luebecker-museen.de bzw. www.st-annen-museum.de abzurufen.
Begleitprogramm
Kuratorenführungen durch die Sonderausstellung mit Dr. Lars Frühsorge am 26.
September um 14 Uhr, 18. Oktober um 15 Uhr, 20. November um 15 Uhr sowie am 6. Dezember um 15 Uhr, 12 Euro
Einführung für Multiplikatoren am 28. September, 15 Uhr, für Lehrer:innen kostenfrei
exhibiT Multidisziplinäre Performance an der Schnittstelle zwischen Tanztheater und Ausstellung, gefördert durch die Aktion „Kulturfunke“, 25. September, 18 Uhr sowie 26. September, 16 Uhr, Eintritt frei
Von Tschukotka bis Murmansk: Rohstoffboom und indigene Gemeinschaften in Russland Vortrag von Tjan Zaotschnaja, 18. Oktober, 17 Uhr, 10 Euro
Kunsthandwerk aus Fischleder Workshop zum traditionellen Handwerk der Nanai in Sibirien, 24. Oktober, 14 Uhr, 20 Euro (inkl. Material)
Völkerschau-Objekte Tagung zur deutschen Kolonialgeschichte in Kooperation mit dem ZKFL und der Gesellschaft für Geographie und Völkerkunde zu Lübeck e.V., 27. bis 29. Oktober, Anmeldung unter vks@luebeck.de
Bundesweiter Vorlesetag Märchen, Legenden und historische Reiseberichte aus den Ländern rund um den Polarkreis, 20. November, 14 Uhr, 8 Euro
Finnische Webkunst Vortrag, 24. November, 18 Uhr, 10 Euro
Wetterstationen der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg Vortrag, 26. November, 18. 30 Uhr, 10 Euro
Finnlandbegeisterung in 599 klassischen Versen Vortrag, 10. Dezember, 18 Uhr, 10 Euro
Weitere Informationen unter vks.die-luebecker-museen.de bzw. unter www.st-annen-museum.de