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Herbst-Kolloquium der Thomas Mann-Gesellschaft

Erzählte Welten - Erzählte Räume: Thomas Manns literarisches Frühwerk

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Pressemitteilung vom 19.07.2017
Das diesjährige internationale Herbst-Kolloquium der Deutschen Thomas Mann-Gesellschaft widmet sich auf seiner Tagung dem literarischen Frühwerk Thomas Manns, der spezifischen Inszenierung seiner Autorschaft um die Jahrhundertwende und den besonderen Schreibstrategien der frühen Erzählungen. Von Freitag, 15. September, bis Sonntag, 17. September, findet die diesjährige Tagung im bayrischen Bad Tölz statt. Dort wird 2017 ein Thomas-Mann-Jahr gefeiert: Thomas Mann verbrachte ab 1909 mit seiner Familie die Sommerferien in seinem Landhaus in Bad Tölz. 1917 – vor genau 100 Jahren – verkaufte er das Anwesen. Im Rahmen der Ferienaufenthalte arbeitete Mann nicht nur an zahlreichen Werken - die Besuche in Bad Tölz flossen auch in seine literarischen Arbeiten ein.

Thomas Manns literarisches Frühwerk entsteht in einem kulturellen Kontext, der die vielschichtigen literarischen, künstlerischen, gesellschaftlichen und politischen Bewegungen der Moderne um 1900 einschließt. Die Tagung will insbesondere die frühen, in und um München entstandenen Erzählungen Thomas Manns vor diesem Hintergrund in den Blick nehmen. In drei Sektionen widmet sich die Tagung dabei drei Schwerpunkten:
1. Kulturräume und literarische Auseinandersetzungen mit der Bohème: In welchem Licht erscheint die Münchner Moderne? Wie werden die künstlerischen Lebensformen und Denkfiguren der Jahrhundertwende erzählerisch verhandelt? Wie entwickelt sich hier eine spezifische Form der Autorschaft über Allianzen oder auch Gegnerschaften?
2. Erzählverfahren des Anfangs: Gibt es eine spezifische erzählerische Schreibstrategie der frühen Erzählungen? Welche Narrative, Strukturen und Motive tauchen auf? Wie werden sie variiert, wie entwickeln sie sich? In welche Tradition stellen sie sich bzw. wovon grenzen sie sich ab?
3. Raumordnungen und Raumsemantiken im literarischen Frühwerk: Welche kulturellen, topologischen, semantischen und narrativen Räume entwerfen Thomas Manns Erzählungen? Welche Rolle spielen dabei realtopographische Bezugsräume (wie Lübeck, München usw.)? Wie werden dabei Gegensätze von Nord und Süd, von Stadt und Land, von Norm und Abweichung etabliert oder destabilisiert?

Das Programm

Die erste Sektion „Kulturräume“ wird mit einer Begrüßung durch den Präsidenten der Thomas Mann-Gesellschaft, Prof. Dr. Hans Wißkirchen, am Freitag, 15. September, um 14 Uhr eröffnet. Um 14.15 Uhr richtet Prof. Dr. Hans Rudolf Vaget (ehem. Smith College Northampton) den Blick auf Manns Erzählung „Gladius Dei“ (1902) als einen Schlüsseltext zum Verständnis des Münchner Ästhetizismus der Jahrhundertwende und zeigt, wie nachhaltig Thomas Mann von der Auseinandersetzung damit geprägt war – bis hin zum „Doktor Faustus“ und seiner Ursachenforschung zur deutschen Katastrophe. Im Anschluss befasst sich die Privatdozentin Dr. Friederike Reents (Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg) um 14.45 Uhr mit den Themen Traditionsbruch und Selbsthistorisierung beim frühen Thomas Mann zwischen der traditionellen, bürgerlich-realistischen Schreibweise und einer subtilen Auseinandersetzung mit der ästhetischen Moderne. Um 15.45 Uhr spricht Dr. Sven Glawion (Universidade de Brasília) über Geschlechterverhältnisse im narrativen Raum am Beispiel der Erzählung „Der Wille zum Glück“. Grenzen und Bewegung, das „Eigene“ und „Fremde“ sowie Männlichkeit und Begehren werden thematisiert. Auf eine anschließende Diskussion mit den Referenten folgt die Mitgliederversammlung des Kreises Junger Thomas Mann-Forscher. Am Abend schließt sich um 20 Uhr eine Lesung des Schauspielers und Sängers Markus Eberhard im Rathaus Bad Tölz an, der Gedichte und Ausschnitte aus der frühen Prosa Manns präsentiert. Der Eintritt zu diesem Programmpunkt ist für Besucher kostenfrei.

Die zweite Sektion „Erzählverfahren“ am Samstag, 16. September, öffnet um 9.30 Uhr mit einem Vortrag von Dr. Jean-François Laplénie (Universität Paris-Sorbonne) zu Manns Strategien des Anfang(en)s. Der Vortrag beschäftigt sich mit den Selbstinszenierungsstrategien des jungen Autors und seiner Erzähler in den frühen Novellen, insbesondere in deren ersten Sätzen, gegenüber dem Schriftstellermilieu und der Leserschaft. Im Anschluss daran richtet Prof. Dr. Elisabeth Galvan (Universität Neapel) um 10 Uhr den Blick auf Manns einziges Drama „Fiorenza“ in Wechselwirkung zu Erzählungen und Romanen. Thematisiert werden einerseits dramatische Elemente in Manns erzählerischen Werken und andererseits Themen, Konstellationen und Schreibstrategien in „Fiorenza“, die das anschließende Erzählwerk weiterführt. Um 11 Uhr befasst sich Dr. Sebastian Zilles (Universität Siegen) mit der Bedeutung von Speisen, Repräsentationsräumen, Tischgesellschaften und -dekorationen in Thomas Manns früher Novellistik. Auf die anschließende Diskussion mit den Referenten folgt nach einer Mittagspause die Mitgliederversammlung der deutschen Thomas Mann-Gesellschaft um 13.30 Uhr. Um 15.30 Uhr wird den TagungsteilnehmerInnen die Gelegenheit geboten, unter sachkundiger Anleitung des Tölzer Thomas Mann-Experten Martin Hake, den Park der Thomas Mann-Villa zu besuchen und an authentischer Stelle Details über das Leben der Manns in Bad Tölz zu erfahren. Zudem steht eine Besichtigung der Ausstellung „Von der Königlichen Hoheit bis zum Zauberberg. Ein Gang durch das Werk von Thomas Mann in Erstausgaben“ im Tölzer Stadtmuseum auf dem Programm. Um 19.30 Uhr schließt sich ein geselliges Beisammensein im Kurhaus an und rundet den Tagungstag ab.

Am Sonntag, 17. September, widmet sich die dritte Sektion dem Thema „Raumordnungen“. Um 9.30 Uhr eröffnet Claudio Steiger (Universität Neuchâtel) den letzten Tagungstag mit einem Vortrag zu atmosphärischen Räumen in Thomas Manns Frühwerk und die Verbindung von Atmosphäre(n) zu Figuren, Dingen und Räumen als Schlüssel zu Manns Erzählwelten. Um 10 Uhr schließt Prof. Dr. Ruprecht Wimmer (Katholische Universität Eichstätt) einen Vortrag zum Tölzer Landhaus als Schauplatz im Werk Klaus Manns an. Nach einer Diskussion mit den Referenten wird um 12 Uhr die Thomas Mann-Medaille an Prof. Dr. Luca Crescenzi (Universität Trient) verliehen. Die Laudatio hält Prof. Dr. Friedhelm Marx. Die diesjährige Herbsttagung der Deutschen Thomas Mann-Gesellschaft endet um 13 Uhr mit einer Verabschiedung seitens des Präsidenten Prof. Dr. Hans Wißkirchen.

Die Tagung findet im Kurhaus Bad Tölz, Ludwigstraße 25, 83646 Bad Tölz (Bayern), statt. Rückfragen und Anmeldungen können an die Geschäftsstelle der Deutschen Thomas Mann-Gesellschaft im Buddenbrookhaus, Mengstraße 4, 23552 Lübeck, unter Telefon 0451-122 4275 und unter info@thomas-mann-gesellschaft.de gerichtet werden. Die Veranstaltung wird vom IQSH als Lehrerfortbildung anerkannt. Tageskarten kosten für Nichtmitglieder der Thomas Mann-Gesellschaft 20 Euro (Mitglieder: 12,50 Euro). Der Eintritt zur gesamten Tagung kostet für Nichtmitglieder 50 Euro (Mitglieder 35 Euro). Der Kartenerwerb ist auch kurzfristig vor Ort möglich.