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Bescherung unterm Weihnachtsbaum

Neue Sonderausstellung im Industriemuseum Geschichtswerkstatt Herrenwyk: Bescherung unterm Weihnachtsbaum - Eine Zeitreise durch die Welt der Weihnachtsgeschenke für Kinder

Laufzeit: 19. November 2017 bis 4. Februar 2018

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Pressemitteilung vom 10.11.2017
In der guten Stube des 20. Jahrhunderts glänzte am Heiligen Abend auch in ärmeren Fami-lien der Weihnachtsbaum. Darunter lagen Geschenke für die Kinder – teils gekauftes oder selbstgebautes Spielzeug, wenn das Geld knapp war; aber auch allerlei Nützliches wie Handschuhe oder Socken. Die Weihnachtsausstellung des Industriemuseums Geschichtswerkstatt Herrenwyk Bescherung unterm Weihnachtsbaum – Eine Zeitreise durch die Welt der Weihnachtsgeschenke für Kinder (Laufzeit: 19. November 2017 bis 4. Februar 2018) zeigt weihnachtliche Gabentische für Kinder durch die letzten 120 Jahre bis in die Gegenwart. Das 20. Jahrhundert war ein bewegtes Jahrhundert mit Höhen und Tiefen, mit Turbulenzen und politischen Umbrüchen, mit entbehrungsreichen und goldenen Zeiten. In den Gabentischen von gestern bis heute spiegeln sich Notzeiten und Überschwang wider: „In unserer Ausstellung wird eine große Bandbreite von Spielzeug durch die Zeiten in schönen Arrangements präsentiert. Von alt bis neu, von industriell oder selbst hergestellt bis zuweilen auch scheußlich und kitschig ist alles dabei“, erklärt die Kuratorin Helga Martens.

Das Schenken zu bestimmten Familienfesten hat es bereits nachweisbar seit der Antike gegeben. Die Römer schenkten ihren Kindern kleine Keramikpüppchen zu den Saturnalien (13.-21. Dezember), vor der Reformation im 16. Jahrhundert wurden an Weihnachten zuerst arme Menschen mit Speisen beschenkt. Erst der Reformator Martin Luther führte ein, dass durch das Christkind am 24. Dezember, am Heiligen Abend, Kindern Geschenke dargebracht wurden – als eine Gegenfigur zum heiligen Nikolaus der katholischen Kirche, der als Geschenkebringer der Kinder am 6. Dezember auftrat. Auf diese Weise wollte Luther als Reformator den Blick der Kinder und Erwachsenen von der katholischen Heiligenverehrung hin zu Jesus Christus wenden. Seit dem 19. Jahrhundert wandelte sich das Weihnachtsfest zu einem privaten Familienfest, bei dem nicht nur Kinder Geschenke erhielten, sondern sich auch Erwachsene gegenseitig beschenkten. Das Schenken zu bestimmten Familienfesten geschah und geschieht bis heute in Variationen überall auf der Welt, sei es zu Weihnachten oder z.B. zum japanischen Neujahrsfest. „Schenken, Völlerei, Verschwendung und Kommerz ist also nicht „typisch Weihnachten“, sondern ein sehr wichtiges Ritualelement innerhalb dieses Festes, wie es zu den meisten weltweiten Familienfesten gehört“, erklärt Dr. Bettina Braunmüller, die Museumsleiterin. „Unsere Ausstellung zeigt Geschenke unter anderem in Notzeiten und auch Süßigkeiten in Jahren des Mangels. Hier wird die Bedeutung dieses Ritualelements daher besonders deutlich.“

Bis ins 19. und frühe 20. Jahrhundert oblag die Spielzeugherstellung vielfach dem Handwerk, den Manufakturen und Familien in Heimarbeit. Durch die fortschreitende technische Entwicklung, beeinflusst durch immer verfeinerte und effektivere Produktionstechniken, durch neue einfach zu verarbeitende Materialien wie verschiedenartige Kunststoffe, konnten immer mehr Waren zu immer günstigeren Preisen hergestellt werden. Diese Entwicklung machte auch vor der industriellen Spielzeugproduktion nicht halt. Neue und schneller werdende Transportwege ermöglichten einen internationalen Handel und eine immer breiter werdende globalisierte Vermarktung von Spielzeugen, von hochwertigen bis hin zu billigsten Spielwaren. Weiterhin haben jedoch auch Erwachsene für ihre Kleinen Spielzeuge in liebevoller Eigenarbeit hergestellt, weiter vererbt und repariert.
Eine Vielzahl faszinierender und detailreicher Exponate spiegelt in der Ausstellung die Bandbreite der Gabentische vergangener Tage wider. Sie versetzt die Betrachterin und den Betrachter in eine Zeitreise durch die Welt der Weihnachtsgeschenke für Kinder der letzten 120 Jahre, von der Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert, durch die entbehrungsreiche Zeit des 1. Weltkrieges, die aufblühenden „goldenen“ 1920er Jahre bis in die Zeit des Nationalsozialismus mit dem Zweiten Weltkrieg. Der Beginn des Aufschwungs, die Zeit des Wirtschaftswunders der 1940/1950er Jahre, spiegelt sich in den Geschenken unter dem Weihnachtsbaum ebenso wider wie der immer größer werdende amerikanische Einfluss auf die Entwicklung der Spielzeuge und später aus dem asiatischen Raum wie China in den folgenden Jahrzehnten. In kleinen, drapierten Szenen wird in der Ausstellung das wirtschaftliche Auf und Ab innerhalb der letzten hundert Jahre deutlich, vom aufwendig oder einfachen selbstgebauten Holz- und Blechspielzeug bis hin zur Massenware billigen Plastikspielzeugs, von der künstlerisch anmutenden Puppe über die Puppe aus Stoffresten oder Pappmaschee bis hin zur Puppe aus Weichplastik mit Kleidung aus Kunststoffen in schreienden Farben und mit nichtssagenden Gesichtern. Einblicke in die Welt modernen Spielzeugs – häufig eine Welt aus Plastik und elektrischem Lichterglanz – runden die Ausstellung ab.

In der guten Stube glänzte am Heiligen Abend überall der Weihnachtsbaum. Hier im Norden war es durch die Jahrzehnte hindurch eine oftmals selbstgeschlagene Fichte mit Kugeln, Lametta und Wachskerzen, später wurden vielfach künstliche Bäume mit und ohne LED-Lämpchen aufgestellt. Aber die Nordmanntanne hat bis heute überwiegend immer noch ihren Platz in der Weihnachtsstube. Darunter lagen die Geschenke für die Kinder – teils gekauftes, teils selbstgebautes Spielzeug, wenn das Geld knapp war oder aus Überzeugung. In den „schlechten“ Zeiten lag aber auch allerlei Nützliches wie Handschuhe oder Socken unter dem Baum. Ein Weihnachtsbaum, geschmückt wie in den 1920er/1930er Jahren ergänzt die Ausstellung und das Thema des Gabentisches für Kinder, ebenso wie die volkskundliche Erklärung durch die Museumsleiterin, Dr. Bettina Braunmüller, wie der Weihnachtsbaum und die Weihnachtsgeschenke überhaupt in die gute Stube kamen. Auch die historische Entwicklung des Teddys, dem geliebten Seelentröster der Kinder und häufig ein beliebtes Geschenk unter dem Weihnachtsbaum, findet Platz in der Ausstellung, sowie kleine Geschichten von Zeitzeugen rund um Spielzeug zu Weihnachten und alte Fotografien. „Eines aber durfte niemals fehlen: der Bunte Teller“, erklärt die Kuratorin Helga Martens. Er war bestückt mit Äpfeln aus dem Garten, Hasel- und Walnüssen aus Feld und Flur, selbstgebackenen Weihnachtsplätzchen und je nach Geldbeutel auch mal kleine Kringel oder winzige Schokoladentäfelchen und ist ebenfalls in der Ausstellung zu besichtigen.

Die Exponate stammen aus der Sammlung Helga Martens, der Kuratorin. Die Ausstellung wurde unterstützt von Toy‘s Company der DEKRA, der Frauengruppe KREATIV und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern aus dem Verein für Lübecker Industrie- und Arbeiterkultur.

Ein Ausblick:
Parallel zur Ausstellung Bescherung unterm Weihnachtsbaum findet im Lübecker St. Annen-Museum die Ausstellung Weihnachtswünsche. Die Welt des Spielzeugs um die Jahrhundertwende vom 19. November 2017 bis zum 4. Februar 2018 statt. Faszinierende und detailreiche Exponate aus der Spielzeugsammlung des Museums und aus der Privatsammlung Müller-Albrecht werden in drei Räumen gezeigt, die die Vorfreude auf das sich nähernde Weihnachtsfest nachempfinden. Vom „Wünschen“ über das „Warten“ in der spannenden Adventszeit bis zum „Wundern“ am festlichen Heiligen Abend unter dem Tannenbaum vermitteln sie etwas von dem Glanz der bürgerlichen Weihnachtszeit früherer Tage. Mehr Informationen unter: https://st-annen-museum.de/de/Weihnachtswuensche.

Rahmenprogramm zur Ausstellung:

Sonntag, 19.11.2017, um 11 Uhr
Eröffnung der Ausstellung
mit Podiumsdiskussion. Im Gespräch: Dr. Bettina Braunmüller (Museumsleiterin, Volkskundlerin), Egbert Staabs (Zeitzeuge), Helga Martens (Ausstellerin), Moderation Christian Rathmer

Sonntag, 03.12.2017, 14 bis ca. 17 Uhr
Workshop für Kinder
Führung durch die Ausstellung, danach gestalten von Geschenkdosen mit kleinen Gemälden mit Federzeichnungen und Aquarellfarben unter Anleitung des Malers Holger Jörn Kosten: Eintritt zuzüglich 1,50 Euro. Anmeldung erforderlich bis 27.11.2017 unter Tel. 0451 74894

Sonntag, 10.12.2017 11 bis ca. 12 Uhr
Öffentliche Führung
für Interessierte jeden Alters, besonders geeignet für Familien
Kosten: Museumseintritt

Sonntag, 21.01.2018, 11 bis ca. 13 Uhr
Workshop
Führung durch die Weihnachtsausstellung mit anschließendem kleinen Workshop für Er-wachsene: Herstellung von Dosenkerzen für die dunkle Jahreszeit. Kinder können unter der Aufsicht der Eltern gern zusehen oder mitmachen.
Kosten: Eintritt zuzüglich 2 Euro
Anmeldung erforderlich bis 15.01.2018 unter 0451 74894

Adresse
Kulturstiftung Hansestadt Lübeck
die LÜBECKER MUSEEN
Industriemuseum Geschichtswerkstatt Herrenwyk
Kokerstr. 1-3
23569 Lübeck

Öffnungszeiten
FR: 14 bis 17 Uhr
Sa-So: 10 bis 17 Uhr

Preise
Erwachsene: 4 Euro
Ermäßigte: 2 Euro
Kinder und Jugendliche (ab 6 J.): 2 Euro


Die Bilder sind unter Angabe der Copyrights zur Veröffentlichung im Rahmen der Berichterstattung zur Veranstaltung freigegeben:

1940
(c) Industriemuseum Geschichtswerkstatt Herrenwyk
1953
(c) Industriemuseum Geschichtswerkstatt Herrenwyk
Copyright: Olaf Malzahn
Bescherung unterm Weihnachtsbaum
(c) Industriemuseum Geschichtswerkstatt Herrenwyk
Bescherung unterm Weihnachtsbaum II
(c) Industriemuseum Geschichtswerkstatt Herrenwyk