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Nordic Design. Antwort auf Bauhaus

Nordic Design. Die Antwort aufs Bauhaus

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Endlich öffnen die LÜBECKER MUSEEN wieder ihre Tore und damit auch die neue Ausstellung des St. Annen-Museums „Nordic Design. Die Antwort aufs Bauhaus“. Sie ist eine der wesentlichen Säulen des diesjährigen Mottos der LÜBECKER MUSEEN „Nachbarn im Norden“, mit dem sich mehrere Häuser des Museumsverbundes aus verschiedenen Blickwinkeln dem Thema Norden in all seinen Facetten annähern. „Nordic Design. Die Antwort aufs Bauhaus“ wird nun bis zum 23. August 2020 zu sehen sein.

Die Ausstellung zeigt – anknüpfend an die hauseigene Möbelsammlung des St. Annen-Museums – ­ den skandinavischen Weg in die Moderne. Besonders die große Präsenz der wasser- und waldreichen Natur, das besondere Licht und die ganz eigenen Lebensbedingungen haben die Formensprache des Möbeldesigns im Norden geprägt. Anders als in Deutschland steht nicht die künstlerische Form im Vordergrund, sondern die maßgeschneiderte Lösung für eine Aufgabe. Diese Reaktion der nordischen Länder auf das Bauhaus und auf andere deutsche Kunstschulen und Vereinigungen wird in der Ausstellung mit Werken aus Schweden, Finnland, Dänemark und Norwegen veranschaulicht. „Sie zeigen, wie sensibel Handwerk und Industrie erstmals miteinander verbunden wurden und zu qualitätsvollen Lösungen führten. Besonders spannend ist, wie diese Erkenntnisse aus Kunst, Architektur und Design auch von der Politik verstanden und gefördert wurden“, so Museumsleiterin Dagmar Täube. Neben den landesspezifischen Entwicklungen werden auch übergreifende Themen wie Kindheit, demokratisches Design und Hygge anhand von Wohnaccessoires, Sitz- und Kleinmöbeln präsentiert. Der schwedische Funktionalismus mit Sven Markelius, Alvar Aalto und die international gefeierten dänischen Designer Hans J. Wegner und Arne Jacobsen sind genauso vertreten wie der Spielzeugdesigner Kay Bojesen oder Peter Opsvik, dessen Kinderstuhl „Tripp Trapp“ sich millionenfach verkauft hat und bis heute vertrieben wird.

In Schweden löst 1930 die große Stockholmer Ausstellung des Schwedischen Kunstgewerbeverbands eine heftige Debatte zwischen Funktionalisten (Funkis) und Traditionalisten (Tradis) aus und trägt auf diese Weise wie kein anderes Ereignis zum Durchbruch der Moderne, auch in den anderen nordischen Ländern, bei. Die ab 1932 regierenden Sozialdemokraten benutzen den Funktionalismus als Strategie für den Aufbau des angestrebten Wohlfahrtsstaates und „Schönheit für alle“ wird nach den Schriften der Sozialreformerin Ellen Key zur Grundlage des schwedischen Designs. Dieses Erbe beansprucht ab den 1960er Jahren Ikea für seine Zwecke und macht die funktionellen Konzepte zum Exportschlager.

Die singulären Lebensbedingungen zwischen Mittsommer- und Polarnächten, aber auch die Schroffheit der Natur inspirieren finnische Gestaltungskonzepte wie die des Designers und Architekten Alvar Aalto. Seine funktionalistischen und organischen Gestaltungslösungen werden zur Grundlage des Wegs der Moderne in Finnland. Auch das finnische Design erobert nach dem zweiten Weltkrieg den internationalen Markt. Alvar Aalto baut in den 1950er Jahren auch in Berlin und Tapio Wirkkala designt für Murano und Rosenthal.

Die dänische Variante des Funktionalismus baute vor allem auf den Qualitäten des edlen Handwerks auf und war weniger „funktionenbasiert“. Kaare Klint, der Vater des dänischen Designs, stellt den Menschen in den Mittelpunkt. Mit warmen Holztönen, Lederbezügen und weichen Formen kommen Design und Hygge einander näher. Der Designer und Architekt Arne Jacobsen griff früh den internationalen Stil auf, benutzte aber Backstein und Holz zum Bauen, da man in Dänemark wenig Erfahrung mit Beton und Stahl hatte. Das SAS-Hotel, das er mit komplettem Inventar entwarf, ist in seiner äußeren Form eine Interpretation des Lever-House in New York. Das dänische Design orientierte sich nach der Lehre Kaare Klints häufig an Ideen anderer Länder, passte diese aber anschließend an die eigenen Bedingungen an.

Dank der Entwicklung von Kunst- und Schaumstoffen taten sich ab den 1960er Jahren ganz neue Gestaltungsmöglichkeiten auf. Die poppigen Entwürfe von Verner Panton und Eero Aarnio stehen schließlich für den endgültigen Bruch mit dem Funktionalismus.

Der ausgeprägte Alltagsbezug des nordischen Designs wird auch anhand von Spielzeug und mitwachsenden Möbeln sichtbar. Die Bedürfnisse von Kindern wurden parallel zur Entwicklung reformpädagogischer Ansätze im 20. Jahrhundert zu bestimmenden Faktoren für das Design. Spielzeug sollte hochwertig, schön und einfach sein. Die Holzfiguren von Kay Bojesen spiegeln diese Forderung wieder: Sie sind robust, beweglich und bunt. Der bekannte „Tripp Trapp“ des Norwegers Peter Opsvik ermöglicht Kindern das problemlose Sitzen am Tisch und integriert sie so in den familiären Alltag. Anhand von besonderen Sitzmöbeln wird in der Ausstellung außerdem die Gestaltung moderner Arbeitswelten nach ergonomischen Gesichtspunkten präsentiert.

Die Ausstellung wurde konzipiert durch das Bröhan-Museum, Berlin.
Der ausführliche Katalog zur Ausstellung ist im Shop des St. Annen-Museums erhältlich und kostet 48 €.

Das Museum kann unter Einhaltung von Abstands- und Hygienevorschriften ab dem 12. Mai wieder zu den regulären Öffnungszeiten besucht werden.